Marbacher Zeitung, 21.07.2022 – Ludwigsburg

Bis 2030 braucht es im Landkreis Ludwigsburger rund 160 Kurzzeitpflegeplätze. Aktuell gibt es gerade mal 44. Bei den Mitarbeitern in den Einrichtungen ist die Belastung groß, bei den Angehörigen, die einen Platz suchen, die Verzweiflung.

Von Karin Götz | Einen Kurzzeitpflegeplatz im Landkreis Ludwigsburg für einen Angehörigen finden gleicht einem Sechser im Lotto. Im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt ist es nicht aussichtslos, als Entlastung für betreuende Angehörige für die Dauer eines Urlaubs so gut wie nie.

Das weiß auch Stefan Ebert, der Geschäftsführer der Kleeblatt gGmbH. Beinahe tägliche erreichen die Beschäftigten Anfragen von verzweifelten Angehörigen. 26 Häuser und vier Tagespflegeeinrichtungen betreibt die gemeinnützige GmbH im Landkreis Ludwigsburg. Beplante Plätze, also eben nicht im Anschluss einen Klinikaufenthaltes, können aber nur im Haus in Tamm gebucht werden. Und dort war für 2022 schon im April nichts mehr zu bekommen.

Oder im haus in Remseck – aber dann nicht über das Kleeblatt direkt, sondern über die Schleife Landratsamt Ludwigsburg. Und auch da gab es bei Anfragen Mitte Mai erst ab September wieder Luft.

„Wir bezeichnen Kurzzeitpflegeplätze als langfristig reservierbare Plätze, die das gesamte Jahr und ausschließlich für sogenannte Kurzzeitpflegegäste zur Verfügung stehen“, erklärt Andreas Fritz, der Sprecher der Kreisbehörde. Im Landkreis werden von 16 unterschiedlichen Trägern aktuell 44 solcher Plätze angeboten, 17 weitere sind in Planung. 13 von ihnen entstehen gerade im Haus am  Wunnenstein in Winzerhausen. Im Frühjahr 2023 soll dort Einweihung gefeiert werden.

In Winzerhausen entstehen 13 neue Kurzzeitpflegeplätze. Im Frühjahr werden sie fertig sein.  |  Bild: Werner Kuhnle

Die Entlastung von Angehörigen, das weiß man auch im Kreishaus, wird aufgrund der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung immer wichtiger. Aktuell versuche man, das Thema auf mehreren  Ebenen zusammen mit dem Kreistag anzugehen. Beispielsweise über einen monetären Anreiz. Träger bekommen Fördermittel, wenn sie Kurzzeitpflegeplätze schaffen. Siehe Winzerhausen. Da hat der Kreis 650 000 € beigesteuert – allerdings zweckgebunden. Werden die Kurzzeitpflegeplätze nicht mehr angeboten, muss die Fördersumme zurückbezahlt werden. Auch die zentrale Vermittlung durch die Behörde, siehe Remseck, soll die Träger entlasten.

Generell wisse man um die Situation in der Kurzzeitpflege und habe deshalb im Jahr 2019 das „Aktionsbündnis Kurzzeitpflege“ initiiert, erklärt Pascal Murrmann vom Sozialministerium, und rechtliche sowie finanzielle Anreize gesetzt, um die Kurzzeitpflege zu stären. In Höhe von zwischenzeitlich mehr als elf Millionen Euro seien über 230 solitäre Kurzzeitpflegeplätze gefördert worden. Darüber hinaus seien im Haushalt 2022 die Fördermittel für das Innovationsprogramm Pflege zur Förderung der Kurzzeitpflege nochmals um rund fünf Millionen Euro aufgestockt worden.

Das Geld ist ein Aspekt, doch im im Magen liegen den Betreiber auch die Rahmenbedingungen. „Die müssen verbessert werden“, fordert Ebert. Für die Pflegekräfte sei die Kurzzeitpflege extrem aufwendig, denn die Bürokratie schlage voll zu Buche. Einen immensen Aufwand kritisiert auch Michaela Sowoidnick von der evangelischen Heimstiftung, die im Landkreis elf Häuser betreibt, aber lediglich in drei von ihnen Kurzzeitpflegeplätze anbietet. Wie Ebert vergleicht sie das Angebot mit einem Hotelbetrieb. „Da bucht man ein Zimmer für eine bestimmte Zeit, und die Mitarbeiter müssen die zu Pflegenden immer neu aufnehmen et cetera.“ In den Ferien sind die Plätze ausgebucht, im November nicht. Das führt für die Träger zum Problem der Kalkulierbarkeit und der Wirtschaftlichkeit.

Die Politik ist sich der Probleme bewusst, macht aber nichts, ärgert sich der Kleeblatt-Chef Stefan Ebert. Das Sozialministerium in Stuttgart sieht es – zumindest in Teilen – anders. Der Vorwurf der Tatenlosigkeit wird zurückgewiesen. Die Rahmenbedingungen für das Angebot der Kurzzeitpflege müssten sich verbessern, betont man auch dort. Es bedürfe einer „übergreifenden Reform“. Für Baden-Württemberg sei die geschaffene prozentuale Entlastung der Eigenanteile in der stationären Pflege unzureichend.

„Es bedarf einer Deckelung der Eigenanteile in der stationären Pflege und zukünftig auch für ambulante Pflegeleistungen, um das Pflegebedürftigkeitsrisiko für den Einzelnen kalkulierbar zu machen“, betont Pascal Murmann. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll jetzt Impulse für eine nachhaltige und generationengerecht Pflegereform in den kommenden Jahren setzen – so die Hoffnung.

Zum Artikel

Weit entfernt vom Bedarf

Zentraler Standort Eine Lösung für den Landkreis könnte ein Standort sein, an dem es ausschließlich Kurzzeitpflegeplätze gibt. Etwas auf dem Areal des Marbacher Krankenhauses. Doch Entschieden ist noch nichts. Der für städtebauliche Wettbewerb für das gesamt Areal laufe noch, heißt es aus dem Kreishaus. Daher könne noch keine Aussage über mögliche Einzelnutzung gemacht werden. 

Bedarf Der Kreispflegeplan benennt bis 2025/2030 einen Bedarf von 160 Kurzzeitpflegeplätzen. Also Plätze, die ausschließlich für Auszeiten für pflegende Angehörige zur Verfügung stehen. Aktuell gibt es im Landkreis 44 Plätze, weitere 17 Plätze sind in der Umsetzung. Etwa 40 Kurzzeitpflegeplätze sind bei einem Träger in Überlegung. Um einen Teil des Bedarfs abzufangen, erprobe der Kreis im Rahmen des Innovationsprogramms Pflege Baden-Württemberg mit dem Modellprojekt „pflegefrei – Auszeit für pflegende Angehörige“ die Möglichkeiten der Entlastungen im ambulanten Bereich. kaz

Die Karl-Schaude-Stiftung

Seit fast 40 Jahren sind wir von der KS-Stiftung mit Herz und Seele in der Pflege engagiert und unterhalten mit dem Haus am Wunnenstein in Großbottwar-Winzerhausen und dem Seniorenlandhaus in Abstatt zwei Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg mit unterschiedlichen Pflegeansätzen.

Im Seniorenlandhaus in Abstatt sorgen wir uns mit 38 Pflegeplätzen um unsere älteren, pflegebedürftigen Senioren. Im Haus am Wunnenstein hingegen bieten wir 78 Pflegeplätze und betreuen hauptsächlich chronisch psychisch auffällige Bewohner. Aktuell bauen wir am Pflegeheim Haus am Wunnenstein einen dritten Flügel mit 26 vollstationären Zimmern und 13 solitären Kurzzeitpflegeplätzen an und setzen so weiter auf Wachstum und Entwicklung.