Trost und Zuversicht trotz Sorgen

Heilbronner Stimme Oktober 2022: Ukrainische Flüchtlingen singen für Bewohner – Engagement im Seniorenlandhaus Fridericke

Von Harald Schmidt

Mit geschlossenen Augen aber mit einem Lächeln im Gesicht liegt die pflegebedürftige Seniorin im Bett ihres Zimmers und lauscht dem Gesang von Eugen, Oksana, Vadim und Irina. „Schön, sehr schön war das“, flüstert die Musikliebhaberin.

Bereits seit Wochen kommen die beiden ukrainischen Ehepaare jeden Freitagnachmittag ins Seniorenlandhaus Fridericke in Abstatt und spenden dort den bettlägerigen Bewohnerinnen und Bewohnern mit ihren christlichen Liedern Trost und Zuversicht. Mit dabei ist auch Claudia Reber.

„Ihc habe die beiden gläubigen Familien in einem Begegnungsnachmittag unserer evangelischen Kirchengemeinde hier im Ort kennengelernt. Sie haben mir ihre Geschichte erzählt und gesagt, dass sie Gott für die freundliche Aufnahme in Abstatt sehr dankbar sind und den Menschen deshalb gerne etwas zurückgeben möchten“, berichtet die aktive Hospizhelferin. Reber war es auch, die den Kontakt zum Seniorenlandhaus herstellt. „Hausleiter Bernd Schulz-Ellgaß ist ein Macher und hat die Ukrainer sofort eingebunden. Er hat den Männern sogar ein soziales Jahr angeboten, was aber noch an den Sprachproblemen scheitert“, erzählt sie.

Kriegswirren Mit einem freudigen ‚Hallelujah‘ begrüßt Herr F.M. die Gesangsgruppe und hat sichtlich Freude an dem auf Deutsch gesungenen ‚Gott ist die Liebe‘. „Jetzt fühle ich mich wieder zehn Jahre jünger“, sagt der in Ostpreußen geborene 86-Jährige, ehe er die Sangesgruppe mit einem herzlichen ‚Gott sei mit Euch‘ verabschiedet. Wie viele andere ihrer Landsleute auch, sind der 31-jährige Verwaltungsangestellte Eugen und der 29-jährige Agronom Vadim vor den Kriegswirren geflüchtet. Bis dahin lebten sie mit ihren Ehefrauen, den Schwestern Oksana und Irina, und ihren drei beziehungsweise vier Kindern in der Region Odessa, in einem Ort unweit der gleichnamigen Millionenstadt am Schwarzen Meer. Im April haben die Familien ihre Autos gepackt und ihr Land verlassen.

Dass die beiden Männer mitfahren durften, verdanken sie der Regelung, dass Familienväter mit drei und mehr Kindern nicht zum Militär müssen. Am Ende ihrer Flucht quer durch Europa sind sie schließlich in Abstatt gelandet. Hier wohnen die Flüchtlingsfamilien derzeit unter einem Dach in einem gemeindeeigenen Wohnhaus. Zwar mussten die jungen Familien ihre Heimat, zumindest vorübergehend, aufgeben, ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben sie aber trotz aller Sorgen und Kummer nicht verloren. Große Hilfe und Kraft gebe und gibt ihnen dabei ihr christlicher Glaube, der immer wieder positiv nach vorne schauen lässt. Bereits in der traditionell christlich-orthodox geprägten Ukraine hatten sich die Familienmitglieder innerhalb der evangelischen Kirche engagiert. Dieses christliche Engagement leben die Gläubigen jetzt auch in Abstatt weiter. „Wir danken Gott, dass wir hier leben können“, sagt die 34-jährige Oksana, die wir alle anderen Personen auch, nur mit dem Vornamen angesprochen und nicht mit dem Familiennahmen genannt werden möchte. Die Kommunikation mit den Flüchtlingen gestaltet sich insgesamt noch schwierig. „Die Männer besuchen vier Mal in der Woche den Deutschunterricht“, erklären die Frauen mit Hilfe ihrer geringen Englischkenntnisse.

Freude Schulz-Ellgaß lobt die Hilfe der beiden Familien in den höchsten Tönen. „Die Freude bei unseren Bewohnern ist immer groß, wenn musiziert wird. Musik, Tiere und Kinder lassen die alten Menschen strahlen.“ Auf Spaziergängen und Ausflügen können jetzt durch die Ehrenamtlichen mehr Heimbewohner mitgenommen werden. „Statt mit vier bis fünf Bewohnern konnten wir dank der helfenden Hände bis zu 15 auf ein Fest mitnehmen.“

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Unterbringung im Ort angespannt

Die Zahl der Flüchtlinge wächst: In der Gemeinde Abstatt sind aktuell 43 ukrainische Flüchtlinge gemeldet. Beim überwiegenden Teil handelt es sich um ganze Familien. Zur Unterbringung hat die Kommune bereits zwei Häuser angemietet und ehemalige Kindergartenräumlichkeiten in der Goldschmiedestraße bewohnbar gemacht. Einige  Personen konnten in Privatwohnungen untergebracht werden. „Unsere eigenen vorhandenen Unterkünfte sind belegt“, sagt Sabine Schnee. Die Hauptamtsleiterin rechnet mit weiteren Zuweisungen seitens des Landratsamtes. „Wir haben bereites Aufrufe zum Ankauf oder zur Anmietung von weiterem Wohnraum gestartet.“ hsc

Die Karl-Schaude-Stiftung

Seit fast 40 Jahren sind wir von der KS-Stiftung mit Herz und Seele in der Pflege engagiert und unterhalten mit dem Haus am Wunnenstein in Großbottwar-Winzerhausen und dem Seniorenlandhaus in Abstatt zwei Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg mit unterschiedlichen Pflegeansätzen.

Im Seniorenlandhaus in Abstatt sorgen wir uns mit 38 Pflegeplätzen um unsere älteren, pflegebedürftigen Senioren. Im Haus am Wunnenstein hingegen bieten wir 78 Pflegeplätze und betreuen hauptsächlich chronisch psychisch auffällige Bewohner. Aktuell bauen wir am Pflegeheim vom Haus am Wunnenstein einen dritten Flügel mit 26 vollstationären Zimmern und 13 solitären Kurzzeitpflegeplätzen an und setzen so weiter auf Wachstum und Entwicklung.